Julya Rabinowich, Autorin mehrerer Romane und Schauspielstücke ist gern gesehene artist in residency in der art-lodge, wichtige Passagen ihres Romans "Krötenliebe" entstanden hier. In ihrer Kolumne in der Tageszeitung DER STANDARD schrieb sie über Kärnten.
Kärnten Reloaded - Im Pechmarie-be-gone-Modus
Aller guten Dinge sind drei, sagt man. Irgendwie dürfte ich an einem seltsamen Kärnten-Fieber leiden, das wie andere exotische Krankheiten schubweise auftaucht, um den Patienten nach Abklingen des Anfalls mit Schreckensschweiß auf der Stirne zurückzulassen. Vielleicht ist es auch so, dass Kärnten auf dem Weg nach Venedig liegt, das für mich seit Jahren einen fixen Bestandteil des Sommers bildet, ob mit oder ohne Biennale. Venedig steht für mich symbolisch für eine Reise mit meinem Vater, eine der wenigen gemeinsamen Auslandsaufenthalte, während derer er mir die schönen Künste Venedigs zeigen wollte, ich ihm aber schöne Schuhe. Ein Dilemma, für das sich keine Lösung finden ließ, wir hatten wenig Geld und er noch weniger Geduld. Ich aber wollte endlich solch bunten Ballerinas über meine Plattfüße ziehen, wie all diese anmutigen Mitschülerinnen sie trugen. Ich setzte mich mit der Intensität großer Not durch. Er schwor, nie wieder mit mir wegzufahren. Insofern bin ich nun quasi gezwungen, wie der Fliegende Holländer Venedig jedes Jahr heimzusuchen, die schönen Künste zu begutachten, die mir damals am Hintern vorbei gingen, an meinen Vater zu denken und meine Tochter, die sich - jedenfalls bis vor kurzem noch - lieber bunte Ballerinas kaufen wollte, mit den Künsten zu bedrängen.
Und jedes Mal musste ich, frei nach dem sowjetischen Witz, in dem sich ein Pole wünscht, dass die chinesische Armee drei- mal in Polen einmarschiert, damit sie sechsmal durch Russland durchmuss, über Kärnten reisen. Nach den letzten zwei lauwarm verlaufenen Zwischenstopps wurde mein dritter Versuch von Erfolg gekrönt: Die schönen Künste fanden sich bereits unter- wegs. In der Nähe von Villach, im Themenhotel art-lodge, unter entgegenkommenden Menschen. Die Menschen sammelten Kunst, stellten aus, betrieben neben einer Galerie ein großzügiges Artist-in-Residence-Programm samt Atelier mit umwerfendem Bergblick. Ich wurde bekocht, mir wurde zugehört: eine richtige Inspirationskur, ein Musenpackage samt Seelenmassage. Zum Abschluss bekochten und belasen wir die Hotelgäste gemeinsam. Alle Leiden mit dem Hundehotel in Velden, mit der Abzocke am abgelegenen Moorteich wurden dreifach aufgewogen, wie es sich für ein anständiges Märchen gehört.