Stefan Heinisch verantwortete bis 2015 als Geschäftsführer der Bad Kleinkirchheimer Tourismus Marketing GmbH die Vermarktung des gleichnamigen Ortes. Wir haben ihm ein paar Fragen zur Zukunft des Tourismus in den Alpen gestellt.
Der Sommertourismus in den Alpen schwächelt. Wohlgemerkt nicht in allen alpinen Destinationen, aber auch in Kärnten und den Nockbergen. Warum ist das eigentlich so? Man könnte sagen, der Tourismus in den Alpen – bleiben wir mal bei den österreichischen Destinationen – reinigt sich von einem Überangebot. Strukturwandel wird dieses Phänomen des „Sterbens“ von Betten im Bereich Privatzimmervermieter und Frühstückspensionen auch genannt. Und das Problem hat eine zen- trale Ursache: In Zeiten eines stetig wachsenden Reisemarktes (v.a. in den 70er-Jahren des letzten Jahrhunderts) ist ein - aus heutiger Sicht betrachtet - Überangebot an kleinen Beherbergerstrukturen entstanden, für das heute kaum oder zumindest viel, viel weniger Nachfrage besteht. Dann kommt noch die Tatsache dazu, dass die „Jungen“ (Anmerkung: die Nachfolgegeneration) ihre Zukunft nicht unbedingt im Führen einer 25 Betten-Frühstückspension im ländlichen Raum sehen, sondern vielmehr eher anderen, vielversprechenderen Ausbildungsszenarien nacheifern. Kurzum: Die „Alten“ haben ein Problem und bleiben auf ihren Betrieben sitzen. Dann ist da noch Phänomen Nummer 2: Die Stammgäste bleiben aus oder „reproduzieren“ sich zumindest nicht mehr in gewohntem Maße. Jedes Tourismusdorf im Alpenraum hat in den letzten Jahrzehnten aber sehr stark von diesen wohlwollenden „Wiederholungstätern“ gezehrt. Deren Kinder hingegen haben Lust auf wechselnde Urlaubdestinationen, was natürlich auch nachvollziehbar ist. Verstärkt die fortschreitende Digitalisierung unserer Gesellschaft, die sich natürlich auch auf das Reisen auswirkt, womöglich diesen Trend noch? Absolut. Die Anfrage und Buchung von Unterkünften hat sich ja maßgeblich bis dramatisch verändert. Tourismusverbände hatten in der analogen Blütezeit des Tourismus die fast uneingeschränkte Vermittlungshoheit. Heutzutage ist die aber bei booking.com (Buchung) und Google (Vermittlung, Finden). Dieser gesamte Online-Prozess war für die vorhin angesprochene Gruppe der Privat- und Kleinvermieter ein zum Teil sehr harter Veränderungsprozess, der schon mal viele Anbieter aus dem Markt gespült hat bzw. das auch weiterhin tun wird. Aber v.a. auch für die Tourismusverbände ist dieser Wandel immer noch eine Herausforderung, da sie aus der Sicht der Mitglieder (zumindest der Älteren, die konservativer denken) eine Daseinsberechtigung verloren haben. Die Portale der Verbände dienen den (potentiellen) Gästen heute in erster Linie in der Inspirationsphase, weniger in der Buchungsphase. Da geht es entweder direkt auf die Hotelwebsite oder eben über die bekannten Buchungsportale, die das ja auch wirklich gut machen.
Wie reagiert der Tourismus in Zeiten des Wandels? Wie sieht die Veränderung konkret aus? Es gibt aus meiner Sicht nur zwei Stoßrichtungen: 1.) Qualität in allen Bereichen (Dienstleistung) und 2.) Differenzierung und dadurch Positionierung! Natürlich funktioniert auch noch das Mittelmaß, aber nur über den Preis. Und dann ist man ganz sicher einer Negativspirale ausgeliefert. Daraufhin stellt sich die Frage, wie lange die Hausbank das duldet? Ich bin davon überzeugt, dass die Zukunft den Marken und Persönlichkeiten, die dahinter stehen, gehört. Alle anderen bleiben auf Dauer unter der Wahrnehmungsgrenze und erzeugen zu wenig Relevanz, um sich zu positionieren. Dann wartet nur noch das Schicksal des Austauschbaren. Das sollte allerdings keine unternehmerische Option sein.